Paarberatung



Angst vor Nähe

Wie kommt es, dass Menschen sich so quälen, sich doch nicht trennen oder doch nicht wirklich binden? Die Sehnsucht nach Geborgenheit und Weiterentwicklung im Gemeinsamen bleibt groß, aber die Realität ist Mühe und Enttäuschung.
Die Ursachen reichen oft bis tief in die Kindheit, in die Sozialisation durch die Ursprungsfamilie. Hier bilden sich Persönlichkeitsanteile aus, die als Schutzmechanismus für das Kind durchaus ihren Sinn haben, in der Erwachsenenwelt aber nicht mehr ihre Funktion erfüllen und deshalb auch als "unreife" Persönlichkeitsanteile bezeichnet werden. So wird die von den Eltern geforderte Anpassung, der Antrieb zur Leistung und die Nicht-Annahme der ganzen Persönlichkeit des Kindes häufig in der Partnerschaft als so eindringlicher Wunsch nach Annahme und Geliebtwerden deutlich, dass jegliche gemeinsame Entwicklung verhindert wird. Das häufig vorkommende Muster ist, dass ein Partner immer mehr auf Gemeinsamkeit insistiert und der andere sich entzieht. Der Nähe-Angst-Kampf entsteht dann, wenn einer -oder beide - Partner sich vor einer gefühlsbestimmten Beziehung fürchtet.
So ist es typisch bei einer Angst vor Nähe , dass ständig an der Beziehung gearbeitet werden muss, genau damit wird die ersehnte Nähe verhindert.
Der Angst-Nähe-Kampf ist in seinem Grundmuster immer gleich, allerdings sind die Ausprägungen in den individuellen Verhaltensweisen verschieden. So mag der sich entziehende Partner als besonders selbständig und freiheitsliebend erscheinen, wenn er Entscheidungen völlig alleine ohne Rücksprache trifft, Vorhaben nicht kommuniziert, sondern im Alleingang durchzieht oder aber auf Grund der Belastung durch den beruf außergewöhnlich häufig Rückzugsorte beansprucht. Dahinter steht häufig eine starke Kontrolle in der Kindheit durch die Eltern oder Internatserziehung, die schon früh zu einem Handeln führt, das andere nicht miteinbeziehen oder übergeht, um sich nicht als klein und wertlos zu fühlen. Allerdings kann auch eine Kindheit, in der keine Grenzen gesetzt werden zu einem solchen Verhalten führen. Hier entsteht die Vorstellung, dass Wünsche und Bedürfnisse direkt umgesetzt werden können, allein im Hinblick auf die augenblicklichen Vorteile für das eigene Ich. Nicht nur der sich entziehende Partner wird durch die "unreifen Persönlichkeitsanteile" getrieben, sondern auch derjenige, der den anderen Part, nämlich das ständige Arbeiten an der Beziehung, das Erzeugen von Gemeinsamkeit übernimmt. Wurde in der Kindheit die Erfahrung gemacht, dass Anerkennung und Bestätigung nie erlangt wurden von einem emotional wichtigen Menschen, so kann das im Erwachsenenleben dazu führen, dass überaus starke Kontrolle ausgeübt wird, ganz viel in die Beziehung hineingegeben wird mit dem Gedanken, irgendwann muss mich der andere doch lieben oder liebenswert finden. Durch eigene Leistung soll der Partner endlich auch zu Gegenleistung gebracht werden.
In dem Paargespräch wird den unbewußten Persönlichkeitsanteilen nachgegangen mit dem Ziel nicht dagegen anzukämpfen, sondern diese zu akzeptieren und sie vielleicht irgendwann umzuwandeln.